Dienstag, 26. August 2014

Freunde und Wegbereiter

Nach dem Tod meiner besten Freundin haben ein paar Menschen meinen Weg gekreuzt, die mir nicht nur wohlgesonnen waren, sie hielten sich nur eine kurze Weile in meinem Leben auf, trotzdem waren sie wichtige Wegbereiter, Bahnbrecher für meine schlummernden Talente und Bedürfnisse, denen ich fortan den nötigen Raum zubilligte. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ohne diese Menschen meinen Weg gefunden hätte. Sie hatten also ebenso viel Berechtigung in meinem Leben zu sein, wie meine guten Freunde, auf die ich mich immer verlassen kann, die mir immer zur Seite stehen, bei denen ich mich wohl und geborgen fühle. Es ist schon manchmal seltsam, was das Leben zu welchem Zeitpunkt für einen bereithält.


Montag, 25. August 2014

Das Gewissen der Kriegsenkel und die Beschneidung der Meinungsfreiheit

Anlass zu diesem Artikel gibt mir ein Spiegelartikel über Xavier Naidoo, eine Diskussion darüber gestern auf Facebook und ein darauf folgendes Gespräch mit Katharina aus der Autorengruppe.

Im Spiegel  wurde mit hetzerischen Mitteln und aller Gewalt versucht, Xavier Naidoo ins rechte Lager zu stellen. Die gelieferten Beweise waren dürftig bis gar nicht vorhanden: Zunächst wurde er als Schnulzensänger beschimpft, darauf aufbauend warf man ihm vor auf Montagsdemonstrationen gewesen zu sein, die meines Wissens eher links orientiert sind, zumindest hier in Mainz. Auf einer dieser Demos äußerte Naidoo Kritik an unserer Politik. Vierter Beweis für die rechte Gesinnung Naidoos sollte sein Hasssong gegen Pädophile darstellen. In diesem Zusammenhang wurde er als homophob beschimpft, als seien Homosexualität und Pädophilie das Gleiche. Hier entlarvte der Autor des Artikels lediglich seine eigene Homophobie. Hätte der Artikel in der Bild gestanden, hätte ich mich nicht gewundert, im Spiegel schockieren mich solche Hetzschriften nach wie vor.

Man kann sicher darüber streiten, ob solche Songs, die mit Fäkalsprache arbeiten und Gewalt in ihrer vollen, unmittelbaren Härte ohne Werturteile präsentieren, jugendfrei sein sollten, weil sie missverstanden werden könnten oder fehlinterpretiert, aber das Benennen der Gewalt an Kindern und die dazugehörigen Rachegefühle/-phantasien der Opfer, die in der Folge ebenso gewalttätig sind, müssen erlaubt sein. Das bricht ein Tabu, verstößt gegen den guten Geschmack, für (ehemalige) Opfer massiver Gewalt sind solche Songs aber ein Sprachrohr und Ventil, das sie ansonsten vergeblich suchen.

Da diese massive Gewalt gegen Kinder, die Naidoo besingt, vor allem in satanistischen und germanofaschistischen Gruppierungen üblich ist, könnte man unter diesem Aspekt den Song sogar als gegen Rechts bezeichnen.

Was mich aber am meisten erschreckt, unsere Generation, die Generation der Kriegsenkel, die die Schuld unserer Großelterngeneration aufgebürdet bekommen hat, weil diese sich nicht adäquat mit den Kriegsverbrechen und den dazugehörigen Verlusten auseinandergesetzt hat, ist immer wieder anfällig, sich von solchen Artikeln aufhetzen zu lassen, ohne sie auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.

Dieser Kriegskomplex der Kriegsenkel wird von den Medien schamlos ausgenutzt, um Menschen mundtot zu bekommen und abzusägen, da reicht oftmals ein einziges falsches Wort, um einen Prominenten oder Politiker ins Aus zu katapultieren. Besonders erschreckend ist hier, dass von den Medien immer weiter die Meinungsfreiheit beschnitten wird, sobald es jemand wagt Kritik in der Öffentlichkeit zu üben, insbesondere an der Politik,  dann ufern Beschimpfungen über eine angebliche Radikalität zur Zeit dermaßen aus, dass man inzwischen von einer totalitären Beschneidung der Meinungsfreiheit reden kann.

Das über die gesamte Kindheit eingetrichterte schlechte Gewissen, das wir gefälligst für unsere Großeltern stellvertretend haben sollten, ohne jedoch die dazugehörigen Erlebnisse gehabt zu haben, um es einordnen zu können, führt tatsächlich bei vielen zu einer Wahrnehmungsverzerrung, sodass sie statt der  Beschneidung der Meinungsfreiheit, dann überall Nazis sehen, wenn ein Journalist mit dem Finger auf kritische Menschen zeigt.

Eins haben solche Journalisten aber vergessen, wir haben auch eingetrichtert bekommen, wenn Anzeichen totalitärer Macht wieder aufflammen, wie das Beschneiden der Meinungsfreiheit, diese zu erkennen und uns dagegen zur Wehr zu setzen.

Hier gehts zum Spiegelartikel:  Xavier Naidoos rechte Thesen: Vom Popstar zum Populisten
Hier zu einer weiteren Stellungnahme zur Beschneidung der Meinungsfreiheit: Political Correctness statt Meinungsfreiheit 
Stellungnahme des Mannheimer Morgen: Naidoo, ein neuer Rechter?

Donnerstag, 21. August 2014

Verherrlichung der totalen Gewalt

Glorifizierung und Indifferenz fördern sich wechselseitig: Verherrlichungen der eigenen Gewalttat werden noch unbedenklicher, noch ungestörter möglich, wenn der Gegner ein Nichts ist - wenn auch ein gefährliches Nichts -, dessen Gegenmotive gar nicht in einen Vergleich eintreten können. Umgekehrt wird der andere für den Töter umso gleichgültiger, je mehr die eigenen Ideale und Heldentaten den gesamten Konflikt überstrahlen. 
 Heinrich Popitz, Phänomene der Macht, Das Syndrom der totalen Gewalt, S. 74

Montag, 18. August 2014

Twitteratur - eine Anthologie - Edition Das Labor

Matthias Hagedorn hat eine Anthologie zum Thema Twitteratur bei der Edition Das Labor herausgegeben. Neue und alte Autoren kommen hier zu Wort. Von Begeisterung bis hin zu scharfer Kritik reichen die Texte über das neue Medium Twitter, das Literaten herausfordert, sich kurz zu fassen und ihre Texte auf 140 Zeichen zu reduzieren. Matthias Hagedorn sieht in den technischen Neuerungen auch eine Chance für scheinbar überholte literarische Formen sowie die Denkgenauigkeit der Spätmoderne.

Autoren der Anthologie sind: Ulrich Bergmann, Karl Kraus, Karl Feldkamp, Laurence Sterne, Ferdinand de Saussure, Jesko Hagen, Friedrich Nietzsche, Michel de Montaigne, A.J. Weigoni und Sophie Reyer, die dieses Jahr den lime_lab gewannen, Tamara Kudryavtseva, Angelika Janz, Michael Gratz, Holger Benkel, Haimo Hieronymus, Peter Meilchen, Franz Kafka, Anja Wurm.

Sehr erfreut und überrascht war ich, als ich Anfang August das kleine, vielfältige Werk aus dem Briefkasten holte. Danke an Matthias Hagedorn, die Überraschung war wirklich gelungen, da ich mit einer gedruckten Ausgabe der Texte nicht gerechnet habe.

Wer Interesse an Twitteratur, eine Anthologie, Hrsg. Matthias Hagedorn, Edition Das Labor, Verlag der Artisten, 2014 hat, kann sie hier bestellen: Matthias-Hagedorn@gmx.de

Samstag, 16. August 2014

Das Syndrom der totalen Herrschaft


Gewalt und vorzüglich absolute Gewalt gilt als äußerste Steigerung der Überlegenheit über andere Menschen. Verherrlichung des Gewaltakts bedeutet daher die Verherrlichung eines höheren Seins, des Herrschaftsrechtes schlechthin. Die siegreichen Herrscher, die siegreiche Stadt, das siegreiche Volk beweisen durch ihren Sieg ihren Vorrang, ihre Sendung, ihre Erwähltheit. Gewalt wird glorifiziert als Bestätigung der Glorie des Herr-Seins. Heinrich, Popitz, Phänomene der Macht, S. 67

Freitag, 15. August 2014

Genuss oder Askese?

Wieder Sex gehabt. Ohne Kondom. Russisch Roulette, doch die Hormone, wie immer. Blöde Ausrede sagen Sie, ja, blöde Ausrede, stimmt, pflichte ich bei. Ich esse auch pestizides Gemüse, Hormonfleisch, rauche dafür aber ohne Zusatzstoffe und trinke Biowein. Am häufigsten war ich wegen Sportverletzungen beim Arzt, der Rest, hm, bringt mich irgendwie nicht um, da kann ich tun, was ich will.  Ich sei ein ekelhaftes Genussschwein, weil ich die mediale Askese nicht teile, als guter Europäer sollte ich nicht rauchen, nicht trinken, kein Fleisch essen, eigentlich auch keine Fleischprodukte, sollte schlank sein und Sport treiben, nur noch Cybersex haben, auch damit die NSA etwas gegen mich in der Hand hat, schließlich belaste ich ansonsten das Gesundheitssystem über die Maße hinaus, zumindest als Kassenpatient, Sie haben Recht. Nur wissen Sie, ich war für die Dressur noch nie so geeignet, die politische, die mediale, die wissenschaftliche, wissen Sie, irgendwie überlasse ich das asketische Dressiertwerden lieber anderen und lebe, denke  ... manchmal auch nicht ... ich weiß, das kommt heute einem Verbrechen gleich, aber, aber, irgendwie bin ich dann doch lieber ein Verbrecher ...

Einforderung des nackten Lebens


Zitat: Die Sache ist die, daß ein und dieselbe Einforderung des nackten Lebens in den bürgerlichen Demokratien zu einem Vorrang des Privaten gegenüber dem Öffentlichen und der individuellen Freiheiten gegenüber den kollektiven Pflichten führt, in den totalitären Staaten dagegen zum entscheidenden politischen Kriterium und zum Ort souveräner Entscheidungen schlechthin wird. Und nur weil das biologische Leben mit seinen Bedürfnissen überall zum "politisch" entscheidendem Faktum geworden ist, besteht überhaupt die Möglichkeit, die sonst unerklärliche Geschwindigkeit zu begreifen, mit der in unserem Jahrhundert die parlamentarischen Demokratien in totalitäre Staaten haben umstürzen und die totalitären Staaten sich beinah ohne Übergangslösung in parlamentarische Demokratien haben umwandeln können. In beiden Fällen vollzogen sich die Umbrüche in einem Umfeld, wo die Politik sich schon seit längerem in Biopolitik verwandelt hatte und wo der Einsatz nunmehr bloß darin bestand, zu bestimmen, welche Organisationsform sich für die Pflege, die Kontrolle und den Genuß des nackten Lebens am wirksamsten erweisen würde. Wenn das nackte Leben zur fundamentalen Referenz geworden ist, verlieren die traditionellen politischen Unterscheidungen (wie jene zwischen rechts und links, Liberalismus und Totalitarismus, privat und öffentlich) ihre Klarheit und Intelligibilität und treten in eine Zone der Unbestimmtheit. Auch das plötzliche Abdriften der Klassen des Exkommunismus in den extremsten Rassismus (wie in Serbien mit den Programmen der "ethnischen Säuberung") und die Wiedergeburt des Faschismus in Europa haben hier ihre Wurzeln. Giorgio Agamben, Homo sacer, Die souveräne Macht und das nackte Leben, S. 130

Donnerstag, 14. August 2014

Humanismus und Terror

Die Probleme der Politik rühren daher, daß wir alle Subjekte sind und dennoch die Anderen als Objekte ansehen und behandeln.

M. Merleau-Ponty, Humanismus und Terror

Mittwoch, 13. August 2014

Die Doppelmasse: Der Krieg II

Aber nie ist der Krieg ein wirklicher Krieg, wenn er nicht zuerst auf einen Haufen von feindlichen Toten zielt.

Elias Canetti, Masse und Macht, Die Doppelmasse: Der Krieg, S.77

Dienstag, 12. August 2014

Die Doppelmasse: Der Krieg

Es ist die wachsende Masse der Nachbarn, der man im Kriege entgegentritt. Ihre Zunahme ist an sich beängstigend. Ihre Drohung, die im Wachstum alleine schon enthalten ist, löst die eigene aggressive Masse aus, die zum Krieg drängt.

Elias Canetti, Masse und Macht, Die Doppelmasse: Der Krieg, Fischer 2011, S. 77

Montag, 11. August 2014

Hetzmassen

Die Hetzmasse bildet sich im Hinblick auf ein rasch erreichbares Ziel. Es ist ihr bekannt und genau bezeichnet, es ist auch nah. Sie ist aufs Töten aus, und sie weiß, wen sie töten will. Mit einer Entschlossenheit ohnegleichen geht sie auf dieses Ziel los;

Elias Canetti, Masse und Macht, Hetzmassen, S. 54

Sonntag, 10. August 2014

Verkehrte Welt - Krieg in der Ukraine

Obama und Merkel drohen offen mit einem militärischen Einsatz in der Ukraine, wollen also aus dem Bürgerkrieg in der Ukraine einen dritten Weltkrieg machen (FAZ), das kündigte sich seit Monaten bereits an, statt Verhandlungen kamen aus dem Westen nur Drohungen.

Zusätzlich zu den seit Monaten stattfindenden Kriegshetzen in deutschen Zeitungen, werden in der Zeit inzwischen volksverhetzende Schriften gegen Russen veröffentlicht, wie man sie bis dato bestenfalls einem rechtsextremen Schmierblatt zugetraut hätte. Zumindest in diesen Zeiten, in denen permanent mit Krieg gegen Russland gedroht wird, Sanktionen bereits eingetreten sind, ist eine solche "Glosse" nicht nur geschmacklos, sondern treibt die Kriegshetzen voran, wenn sie Russen mit dem "Es" (Freud) vergleicht.

Frau Merkel, die ich eigentlich für eine kluge, besonnene Frau halte, ist durch den NSA-Konflikt erpressbar geworden und wird sich alleine aus diesem Grund nicht gegen einen Krieg stellen. Aber was bedeutet die eigene Privatsphäre gegen Menschenleben? Gar nichts.

Krieg, Zerstörung, Übermacht, Totalüberwachung, Tod haben mit westlichen, demokratischen Werten nichts zu tun, sie widersprechen ihnen.

Das Volk stellt sich offen gegen einen Krieg in der Ukraine mit westlicher Beteiligung, das interessiert aber in den angeblich demokratischen Regierungen niemanden.

Ich bin mit westlichen, demokratischen Werten aufgewachsen und habe sie immer geschätzt, deswegen erschüttern mich die totalitären Handlungsweisen der angeblich westlichen Demokratien zur Zeit aufs Äußerste - ich verstehe die Welt nicht mehr - und befürchte wir sind bald wieder an einem Punkt, an dem wir uns für unser Land schämen müssen, ich tue es jetzt schon.

Samstag, 9. August 2014

Macht und Wahrnehmung

Die essayistische Annäherung an das Thema Macht und Wahrnehmung ist am Montag auf KUNO veröffentlicht worden. Aufgrund der Breite der Thematik, kann es sich hier nur um einen kleinen Ausschnitt handeln, der Gegenstand beschäftigt mich aber weiter, sodass zusätzliche Abhandlungen folgen werden.

Angerissen sind zunächst uneindeutige Machtverhältnisse, Macht durch Manipulation und Wahrnehmungsverzerrung, psychische Gewalt/Ausbeutung.

Hier gehts zum Essay: Macht und Wahrnehmung

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