Sonntag, 23. Dezember 2012

Kokon der Höflichkeit


Lyrik, Gedicht, Höflichkeit
 
Warum darf ich nicht die Wahrheit nennen
jenes erzählen, welches ist
warum darf ich nicht die Worte küssen
verrostete Stiche nehmen
wie sie sind -  flüchtig
ihnen Atem einhauchen
sie festhalten - in flügelschlagenden Bildern
Momentaufnahmen bilden - nackt und pur
so wie sie sind
und alle Belehrungen über den Haufen schmeißen
die Höflichkeit mit Schmutz bewerfen
die mich zum Schweigen zwingt
und Konflikte brodeln lässt
bis zur Explosion - die
nur weil man nicht die Wahrheit spricht
Seuchen wuchern
Gallensäfte überschäumen lässt
Beulen und Geschwulste zum Gedeihen bringt
im Kokon der Höflichkeit
Warum darf ich mir das nicht ersparen
und den Dreck in Farben malen

 © by Anja Wurm

Mittwoch, 19. Dezember 2012

Urlaub, Ausruhen und Kreativität

Der erste Urlaubstag verlief gemischt. Die meisten Dinge, die ich mir vorgenommen hatte, habe ich natürlich nicht erledigt, allerdings sollte ich mich schließlich auch ausruhen.

Die Balance zwischen Aktivität, aufgeschobenen Bedürfnissen und Ausruhen zu finden, ist allerdings nicht so einfach und gelingt selten am ersten Urlaubstag. Die Grätsche zwischen Beruf, dem Aufbau einer zweiten Selbständigkeit, der Einrichtung meiner neuen Wohnung und meinen kreativen Bedürfnissen fiel mir in den letzten Wochen doch sehr schwer, sodass ich immer das Gefühl hatte, irgend etwas bleibt auf der Strecke, aus diesem Grund entschloss ich mich auch, diesmal etwas länger Urlaub zu nehmen.

Trotzdem ich einige neue Texte begonnen habe, mir über ältere Gedanken machte, wie ich sie verbessern könnte, bleibt ein Gefühl von Unzufriedenheit, denn eigentlich wollte ich ja noch so viel anderes tun und doch wenigstens etwas annähernd fertig stellen.

Morgen kommen M. und Familie zum Essen und hier sieht es noch aus ... naja, mir bleibt ja eigentlich noch viel Zeit, doch ich merke, der Druck ist noch nicht wirklich von mir abgefallen. Manchmal denke ich auch, dass ich durch die lange Krankheit etwas nachholen muss, weil so viele schöne Dinge brach liegen mussten und ich das Gefühl habe, ich komme nicht hinterher, die verlorene Zeit nachzuholen.

Vermutlich ist die Zeit nicht wirklich verloren, denn meine Texte erlangen mehr Poesie, Experimentelles und Tiefe und auch beruflich habe ich durch die Zwangspause einen Zuwachs an Kreativität und Können erreicht. Einige Fachbücher schwirren mir im Kopf herum, die ich jedoch noch systematisieren muss. Der Gewinn ist also enorm und versöhnt mich mit den Zeiten der Fehldiagnosen und des Leidens. Manchmal habe ich zwar Wut auf die fahrlässige Medizin, jedoch habe ich nie an Rache oder Schadensersatzklagen gedacht, allerdings hatte ich auch nie das Gefühl, dass es sich um böse Absicht handelte.

Aber ich bin und bleibe, glaube ich, ein hoffnungsloser Optimist, der immer das Positive, selbst in den schrecklichsten Dingen, sieht. ;-)

Sonntag, 16. Dezember 2012

Symbiose

Symbiose, Acryl, Anja Wurm

Sonnenaufgang bei Schnee



Die Kulisse, die sich hier mir im 13. Stock in Mainz-Gonsenheim bietet, ist phänomenal und zu jeder Tages- und Nachtzeit unterschiedlich. Besonders schön war der Sonnenaufgang bei Schnee.                                                       













Samstag, 8. Dezember 2012

Pause und Kreativität

Obwohl sich hier die Arbeit immer noch türmt, habe ich beschlossen, einmal einen Tag Pause einzulegen. Meine kreativen Bedürfnisse melden sich, wollen gehört werden, sich ausleben und austoben. Leider konnte ich diesen Begabungen in den letzten Wochen und Monaten kaum noch nachgehen. Zwei Erzählungen wollen überarbeitet werden, der Roman und das Theaterstück weiter geschrieben. Neue Bilder wollen gemalt, neue Skulpturen geschnitzt und geformt werden.

Da ich diese Bedürfnisse der vielen Arbeit und der Einrichtung der neuen Wohnung willen zu lange habe brach liegen lassen, lassen sie sich im Moment kaum bremsen, wollen hervor preschen, deswegen habe ich beschlossen, über Weihnachten länger Urlaub zu machen. Das ist Neuland für mich, denn ich habe während meiner gesamten Selbständigkeit, nie länger als eine Woche Urlaub am Stück gemacht und insgesamt höchstens zwei Wochen im Jahr, meistens jedoch nur eine.

Vielleicht bleibt mir dann auch noch Zeit, wieder mehr Sport zu treiben, an meinen Fachbüchern weiter zu arbeiten und mich bestimmten Themen intensiver zu widmen. Hihi, träumen darf man ja einmal, irgendwann werde auch ich es schaffen, mich damit zu arrangieren, dass der Tag nur 24 Stunden hat.

Freitag, 23. November 2012

Spektrum neo und Spektrum-Die Woche - ein Zwischenbericht

Spektrum neo abonnierte ich für die Tochter einer Freundin als Geburtstagsgeschenk, da diese sehr wissbegierig, intelligent und Technik begeistert ist. Am Wochenende bestellte ich die Zeitschrift, Montag oder Dienstag erhielt das Mädchen bereits die erste Ausgabe. Nachdem sie vom Vater erst einmal in die Mangel genommen wurde, ob sie etwas im Internet bestellt habe, ich hatte, so schnell wie Spektrum der Wissenschaft war, nicht die Möglichkeit die Eltern zu informieren, öffneten sie dann schließlich die Verpackung. Als sie die Geschenkkarte entdeckten, beruhigten sich die Gemüter wieder. Die erste Ausgabe handelt von Nanowelten. Nach einer kurzen Einführung durch den Vater, was Nanowelten sind, schnappte das Mädchen die Zeitschrift und verschwand lesend in ihrem Zimmer. Der Vater lief mit den Worten "das interessiert mich doch auch" hinterher, dann war von beiden nichts mehr zu sehen und zu hören. Mehr kann ich zu Spektrum neo leider noch nicht berichten.

Spektrum-Die Woche erhielt ich nun zum zweiten Mal. Es erscheint wöchentlich als PDF und berichtet aus der aktuellen Forschung aller Wissenschaftsbereiche, im Vergleich zu Spektrum der Wissenschaft, in kürzeren, leichter zu verstehenden Artikeln. Die aktuelle Ausgabe enthält z.B. Ergebnisse aus der Hirnforschung, warum manche Menschen traumatische Erlebnisse besser verkraften als andere. Die aktuellen Ergebnisse können meiner Ansicht nach sogar zu einer Medikamentenentwicklung führen, um Menschen mit Posttraumatischen Belastungssyndrom zu helfen, denn die Pharmaindustrie hat auf diesem Gebiet bisher noch nichts zu bieten. Ein Bericht wie Nanopartikel Dampf erzeugen, ohne die Flüssigkeit stark zu erhitzen, Hinweise wie Bewegung das Denken und die Entwicklung des Gehirns beeinflusste und vieles mehr.
Insgesamt umfassen die Ausgaben über 40 Seiten und sind sogar bebildert.  Eine gelungene Mischung, kurz und umfassend über aktuelle Forschungen informiert zu werden.

Sonntag, 18. November 2012

Spektrum-Die Woche und andere tolle Zeitschriften

Nachdem ich mich zum Probeabonnement von Spektrum-Die Woche anmeldete, welches ich als Leserin von Gehirn und Geist zum Vorzugspreis von 30,00 Euro im Jahr bekommen könnte, schmökerte ich in der ersten Ausgabe, die ich als PDF herunterladen konnte und stieß dabei auf die Werbung von Spektrum neo, die wissenschaftliche Themen für Kinder von 10 bis 14 Jahren aufbereitet und viermal im Jahr erscheint.

Da ich der Technik begeisterten, begabten Tochter einer guten Freundin noch ein Geburtstagsgeschenk schuldig bin und mich an ihre Begeisterung erinnerte, als ich ihr letztes Jahr ein Lexikon schenkte, mit strahlenden Augen, einem breiten Lachen und einem kurzen Blick zur Mutter, den Worten "das hast du der Anja verraten", schnappte sie das dicke Buch und war den ganzen Abend nicht mehr zu sehen, habe ich mich direkt entschlossen, diesmal ein Jahresabonnement von Spektrum neo für sie zu bestellen. Auf ihre Reaktion bin ich jetzt schon gespannt und auf die Schelte der Mutter, die jetzt schon keinen Platz mehr für die Bücher ihrer Tochter hat.

Und weil es so schön war, schmökerte ich weiter auf der Seite von Spektrum der Wissenschaft und kam nicht umhin für mich auch gleich noch ein Abonnement abzuschließen: ich entschied mich für das Spektrum Spezial Kombi, welches die Hefte aus der Reihe Physik-Mathematik-Technik mit denen der Reihe Biologie-Medizin-Kultur kombiniert. Die Qualität von Spektrum der Wissenschaft hat mich schon immer begeistert, vor allem auch die Erklärungen am Rande bei fach-fremden Themen kann man so die Artikel gut verstehen.

Wenn ich mir die Hefte angesehen habe, werde ich davon berichten.

Freitag, 16. November 2012

Fachwissensrat: das Kennenlernen



Während Henriette Wild und ich uns schon seit geraumer Zeit über Internet und Telefon über unser gemeinsam geplantes Projekt eines E-Book-Verlages, fachwissensrat.de, unterhalten und gemeinsam planen, haben wir uns von Mittwoch auf Donnerstag das erste Mal persönlich kennen gelernt.

Inzwischen verfüge ich ja über den Luxus, meinem Besuch ein eigenes Zimmer anbieten zu können, sodass  dies unproblematisch war. Naja, den Zustand meiner Wohnung im Moment als Luxus zu bezeichnen, ist reichlich übertrieben, stapelten sich die Kartons der neuen Regalwand, die Mittwoch geliefert wurde, im Flur, der Inhalt mit dem die Regalwand gefüllt werden soll, noch im Wohnzimmer.  Meine Küche, die ich ursprünglich bei Neckermann bestellte, ist auch noch nicht hier, sodass wir auf den Pizzadienst auswichen.

Nachdem wir uns ausreichend beschnuppert hatten bis 2 Uhr nachts und am Donnerstagmorgen reichlich frühstückten,  erledigten wir die die ersten Formalitäten und besprachen die Einzelheiten. Obwohl unsere Lebenswege weit auseinander klaffen, Henriette ist glücklich verheiratet und hat 6 Kinder, während ich mein Single-Dasein die meiste Zeit meines Lebens genoss und genieße, haben wir doch schnell festgestellt, dass wir beide recht unkompliziert sind und zusammen arbeiten können. Obwohl  Henriette 6  Kinder hat,  fühlte sie sich nicht aufgefordert, hier aufzuräumen oder zu putzen ;-)

Wenn nichts Größeres dazwischen kommt, können wir also Anfang 2013 mit Fachwissensrat starten.

Sonntag, 11. November 2012

Weihnachten

Gedicht, Lyrik, Nikolaus, Weihnachten

Wenn der Schnee im Kopf zu Eis friert                             
der Nikolaus Purzelbäume auf ihm schlägt
die einzige Abfahrt zum Herzen nimmt
das schlägt
als wolle es zerschellen
der Magen sich mit Blut und Galle füllt
der Körper wieder einmal Achterbahn mit mir fährt
obschon er die Schmerzen nicht mehr spürt
als gäbe es kein Morgen
dann lasse ich die Korken knallen und warte
auf Weihnachten

© by Anja Wurm




Herr X und die Suche nach der Suche

Satire, Satirisches

Nachdem Herr X feststellte, dass er sein Heil doch nicht in Kinderliedern finden konnte, schnappte er sich Mantel, Hut und Stock, brach erneut auf und begab sich auf die Suche. Im Treppenhaus begegnete er Tanja, der kleinen Nachbartochter.
"Hallo, gehst du nicht arbeiten", fragte sie ihn.
"Nein, nein", antwortete er zerstreut.
"Bist du krank?"
"Nein."
"Warum gehst du dann nicht arbeiten?"
"Ich habe Wichtigeres zu tun", antwortete Herr X stolz, der schon seit geraumer Zeit nicht mehr arbeiten war.
"Ja", sie schaute ihn misstrauisch an, "mein Papa sagt, wer nicht arbeitet und nicht krank ist, ist faul. Vor allem, wenn er noch nicht einmal Kinder hat."
"Dein Vater sollte dir lieber etwas Anständiges beibringen."
"Was ist denn das, etwas Anständiges?"
"Nun, zum Beispiel das, was ich tue."
"Was tust du denn, wenn du nicht arbeitest?"
"Ich suche."
"Ich suche auch manchmal, meine Puppe. Meine Mama sagt, wenn ich besser aufräumen würde, bräuchte ich nicht zu suchen."

Aufräumen, aufräumen, ratterte es in seinem Kopf. Das Kind war nicht dumm, doch dann sagte er:
"So leicht ist das nicht. Was ich suche, lässt sich nicht einfach ins Regal stellen."
"Nein", staunte die Kleine, "was suchst du denn?"
"Das lässt sich nicht so einfach sagen. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich das gar nicht so genau."
"Wie machst du das denn?"
"Was?"
"Na, wie findest du etwas, wenn du gar nicht weißt, was du suchst?"

Ein schlaues Kind. Herr X ging nachdenklich weiter, änderte seinen Plan und begab sich nun zunächst auf die Suche nach der Suche.

 © by Anja Wurm

Samstag, 20. Oktober 2012

Macht dienen glücklich oder mächtig?

Essay, Aufsatz, Denkanstoß, Nietzsche


Einleitend ein provokantes Zitat Nietzsches, welches ich im Bezug zur Gegenwart vertiefen sowie auf den Wahrheitsgehalt prüfen möchte:
Missklang zweier Konsonanzen. - Die Frauen wollen dienen und haben darin ihr Glück: und der Freigeist will nicht bedient sein und hat darin sein Glück. (aus: Menschliches, Allzumenschliches, Satz 432)

Den  ersten  Satz »die Frauen wollen dienen und haben darin ihr Glück.«, gäbe heutzutage kein intelligenter Mensch mehr von sich. Heute provozierte ein solcher Ausspruch »Buh«-Rufe, Ausrufe wie »Macho«, »Showie«, bei Frauen »Ist sie blond?« oder Ähnliches. Eine Anmerkung hierzu am Rande, die Einteilung, die vor allem zu meiner Zeit von Frauen praktiziert wurde, der Männer, in »Softies« und »Machos«, ist natürlich genauso naiv wie das Aufteilen von Männern, der Frauen,  in »Heilige« und »Huren«.

Nietzsche: Frauen wollen dienen, der Freigeist nicht bedient werden

Nietzsches Aphorismen sind so erfrischend, da sie nicht schönreden, sich nicht an Kirche, Staat, Moral, unrealistischen Ideologien bedienen, sondern Begebenheiten unmissverständlich benennen.  "Die Frauen wollen dienen" spricht nicht etwa, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag, trotz der Abwertung, die im Wort "dienen" liegt, von der unterdrückten Frau, die zum Dienen gezwungen wird, sondern gewissermaßen von einer gleichberechtigten Frau ... weiter auf Kulturnotizen

Dienstag, 16. Oktober 2012

Die Geschichte um Herrn X



Ursprünglich habe die die Geschichten um Herrn X mit Anfang 20 begonnen. Ich wollte daraus einen satirischen Kurzgeschichtenroman machen. Heute schreibe ich eher experimentell, denke aber, dass das Experimentelle für ein Blog nicht so  gut geeignet ist, abgesehen davon,  will  ich damit gerne irgendwann an einen Verlag herantreten. Da ich die Geschichten um Herrn X nicht mehr richtig veröffentlichen möchte und sich Satirisches für den schnellen Internetleser besser eignet, will ich die ein oder andere Geschichte hier veröffentlichen.

Die verschrobene Sicht auf die Welt des Herrn X sorgt für Missverständnisse in der Kommunikation mit anderen und daraus resultierenden komischen Situationen und gibt Einblicke, wie es zu solchen kommen kann, wenn zwei Welten aufeinander prallen. Hier der erste Teil: Die Suche des Herrn X

Sonntag, 14. Oktober 2012

Satirisches: Die Suche des Herrn X



Herr X ging die 63. Straße entlang. Ursprünglich hieß sie ja Kauberstraße, doch Herr X konnte sich Zahlen besser merken als Namen, außerdem waren sie ihm sympathischer, daher hatte er eines Tages die Straßen seiner Stadt nummeriert. Eine herrliche Zahl für eine wunderschöne Straße.
Es  war ein Freitagmorgen im April, die Sonne kam ein wenig hinter den Wolken hervor, aber es fröstelte noch. Herr X kam an einem Schaufenster mit allerlei bunten Dingen vorbei.

Scheußlich, grässlich, dachte er und fragte sich, was das zu bedeuten hatte. Lauter buntes, unnützes Zeug, wild durcheinander gewürfelt, es sprang ihm regelrecht in die Augen. Es blendete ihn fürchterlich und er konnte nichts erkennen. 
Dann wanderte sein Blick zur Tür, diese schien interessanter zu sein. Ein Schild mit der Aufschrift "Bitte gehen Sie nicht wieder fort, ich bin gleich zurück" klebte an der Scheibe.

Nun, wenn er gar so sehr gebeten wurde, so wollte er warten. Er war schließlich los gezogen um etwas oder jemanden zu suchen und hier schien ihn offensichtlich jemand zu erwarten.

"Guten Morgen, warten Sie auf mich?", fragte der Ladenbesitzer und schloss sein Geschäft auf.
"Ich konnte Ihrer Bitte nicht widerstehen."
"Suchen Sie etwas Bestimmtes", der Verkäufer zeigte auf seine Waren.
"Nein, nichts Bestimmtes."
Herr X wunderte sich über die seltsamen Dinge hier, Monster, die Töne von sich gaben, Miniaturen von Menschen, Häusern, Autos und vieles mehr. Er konnte kaum fassen, was er sah und setzte sich auf einen kleinen Stuhl.
"Kann ich Ihnen helfen", meldete sich der Inhaber wieder.
Aufgebracht, mit weit aufgerissenen Augen, stammelte Herr X:
"Das weiß ich doch nicht."
"Fehlt Ihnen etwas, ist Ihnen nicht gut?"
Herr X schaute auf den Boden: "Nein, nein."
"Ich dachte schon. Na, lassen Sie sich Zeit. Wenn Sie mich brauchen, rufen Sie mich."

Entsetzlich, was war denn das für ein Geselle. Überhaupt kein Benehmen. Nicht einmal einen Kaffee hatte er ihm angeboten, keinen Stuhl, nichts. Beschäftigt sich mit unnützem Kram, anstatt sich um seinen Gast zu kümmern und dann mischte er sich auch noch in seine höchst privaten Angelegenheiten ein: "suchen Sie etwas", "fehlt Ihnen etwas", das war doch wohl der Gipfel der Frechheit! Kaum zu glauben, dass ein solch fürchterlicher Mensch es fertigbrachte, so ein nettes Schild zu schreiben.

"Nun, sagen Sie einmal, wollen Sie mir nicht einmal einen Kaffee anbieten", entrüstete sich Herr X.
"Ihnen ist doch nicht gut, wieso sagen Sie das nicht gleich. Selbstverständlich werde ich Ihnen einen Kaffee kochen."

"Milch, Zucker?"
"Ja, bitte. Aber hören Sie einmal, wo ist denn Ihre Tasse", fuhr ihn Herr X an. Der Mann wagte nicht, sich seinem seltsamen Kunden zu widersetzen, holte einen weitere Tasse und einen zweiten Stuhl. Nach einer Weile des Schweigens, fragte Herr X den Eingeschüchterten:
"Sind sie immer so schweigsam?"
"Nein, durchaus nicht."
Nach einer kurzen Besinnungspause erwiderte Herr X:
"Oh, ich war wohl etwas grob zu Ihnen. Aber wissen Sie, es ist nur so, ich bin ja auf der Suche und ihr Schild versprach so viel, ich dachte, Sie hätten mir etwas anzubieten. Ich reagiere immer etwas aufbrausend, wenn meine Erwartungen nicht erfüllt werden."
"Nun, außer dem Angebot, das Sie gesehen haben, kann ich Ihnen noch Kinderbücher anbieten. Wie alt ist denn das Kind?

Welches Kind? Sah er etwa aus, als hätte er ein Kind? Kinderbücher, was sollte er mit Kinderbüchern?

"Nein, keine Bücher."
"Ich hätte auch noch CDs mit Märchen oder Liedern."
Herr X nickte begeistert.
"Soll es etwas Modernes sein?"
"Nein."
"Hier habe ich eine CD mit "Hänschen klein und …"
"Ja, die nehme ich."
"Dürfte ich Sie dann zur Kasse bitten?"

Bezahlen sollte er auch noch, so eine Frechheit, er war doch auf der Suche nach dem Weg und jetzt sollte er sich mit so primitiven Dingen wie Geld auseinandersetzen. Leute gab es.

Hänschen klein hatte er schon als Kind gerne gehört und schließlich war er doch heute erst losgegangen ...  in die weite Welt hinein ...


Anja Wurm

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