Dienstag, 19. Februar 2013

Anleitung zur Kunst des einfachen Denkens und Handelns

Satire, Satirisches, Anleitung zur Kunst des einfachen Denkens und Handelns

In meinem satirischen Blogbeitrag Von der Kunst des einfachen Denkens und Handelns bin ich in einem Kommentar nach einer Anleitung gefragt worden, wie ein solches Vermögen zu erlangen sei. Dieser Frage will ich mich heute ein wenig nähern.

Zunächst möchte ich bemerken, in unserer Gesellschaft gelten verkopfte Menschen als intelligent, das mögen sie auch bis zu einem gewissen Punkt sein, natürlich fühlt sich ein jeder geschmeichelt, wenn alle den eigenen Geist bewundern, selbst dann, wenn er handlungsunfähig ist. Dies führt bei vielen zu dem Glauben, sie seien besonders und müssten oder sollten nichts ändern. Und handlungsunfähig war ich in jungen Jahren.

Schnell sah ich ein, dass mir die von erwachsener Seite bescheinigte Intelligenz wenig nützlich war. Ich irrte durch das Leben wie ein Analphabet durch ein Buch. Dem Himmel sei Dank, dass ich genug bodenständige Auffassungsgabe besaß,
um das einzusehen. Ansonsten beinhalteten meine geistigen Höhenflüge schließlich wenig Bodenhaftung. Zunächst begriff ich also, dass sich zu meinen hoch gerühmten Begabungen auch gedankliche Gefilde gesellten, bei denen der Intelligenzquotient an Idiotie reichen musste, gäbe es für diese Bereiche Intelligenztests. Zu dieser Einsicht gelangte ich, da ich mich bereits als Kind nicht so sehr von den Lobhudeleien der anderen beeinflussen ließ. Schon in der Schulzeit dachte ich, naja, sie übertreiben es etwas, wenn sie wüssten, woran es mir mangelt. Aber es spricht für ein gesundes Selbstbewusstsein, dass ich ohne Frage damals meine Grenzen besser kannte, als sonst irgendwer und mich durch die Begeisterung der Erwachsenen nicht allzu sehr blenden ließ. Was nutzte es mir, dass mich im Alter von 10 Jahren längst niemand in Diskussion und Argumentation mehr zu schlagen vermochte, ich alles bis ins letzte Detail durchdenken konnte, sämtliche Zahlen, die mir je begegnet waren, im Kopf behielt, auf Anhieb begriff, nie lernen musste?
Die Aufgabe, die sich mir irgendwann stellte, war, wie komme ich von den ganzen Theorien zum Leben, ins Leben, wie finde ich hier ähnlich rasche Lösungen analog einer mathematischen Herausforderung. Da man sich in der Kindheit, ausschließlich seinem Kopf widmen kann, das Andere wird vorgegeben, lernte ich darüber nichts. 

Jedoch näherte ich mich der Frage durch Ausschlussverfahren, wie sonst hätte ich Gedanken streichen können, die lediglich hinderlich sind? Zuerst musste ich also die Schmeicheleien fallen lassen, da sie die Erkenntnis vernebelten, verhinderten. Zurückgeworfen auf mich, mein Denken, kam ich zur Einsicht, ich mag in vielen Punkten intelligenter sein als andere, in einigen bin ich allerdings wesentlich dümmlicher: zwischen nützlich und unnütz, richtig und falsch, wichtig und unwichtig et cetera konnte ich nämlich nicht unterscheiden, da es natürlich zu jeder These eine Gegenthese gibt, bei sämtlichen Erkenntnissen sowie Entschlüssen ein Wenn und ein Aber, jeder Gedanke, jeder Weg massenhafte Abzweigungen bereit hält und so fort.

Die Kardinalfrage war doch, wie komme ich von A nach B ohne stundenlanges Nachdenken: Ich hielt also A fest, dachte ewig nach, bis ich bei B angelangt war, hielt zusätzlich B fest, stellte beide schließlich nebeneinander und konnte so feststellen, dass es sich um einen unmittelbaren Weg handelte, reflektierte über die zusätzlichen für die Lösung unerheblichen Gedanken, die lediglich den Prozess verlängerten. Dies tat ich mit nahezu allen Belangen, parallel dazu beobachte ich Menschen vom Typus Handwerker für die Problemlösungen und Handlungen in der Regel einfach auf der Hand liegen, die weniger Schul-, dafür aber umso mehr Lebensintelligenz besitzen. Ich strich die ganzen Wenns und Abers aus meinem Gedankengebilde und näherte mich so nach und nach unmittelbaren Lösungen. Dies trainierte ich so lange, bis ich in nahezu allen Lebensbereichen, direkt mehrere Spontanlösungen zur Verfügung hatte und erfreue mich heute eines wunderbaren vielseitigen Daseins, dank dieser Mathematik des Lebens.

© by Anja Wurm

2 Kommentare:

  1. Massenhafte Abzweigungen können in einem Roman gut vorkommen. Oder eben nicht. ;-)

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    1. Im Roman können zahlreiche Abzweigungen gut und spannend sein, falls es nicht zu langatmig wird, aber im Leben? ;-)

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