Mittwoch, 10. Juli 2013

Nichtraucher: ein Versuch

Es gab eine Zeit, in der versuchte ich mir das Rauchen abzugewöhnen. Hier handelte es sich nicht etwa um eine  Mode, mein Zahnarzt empfahl es mir. Nun, ich gebe zu, es waren nicht nur medizinische Gründe, hinzu kam die Irritation, dass er mich stets zu später Stunde bestellte, mich nach der Behandlung zum Bier einlud, aber nach der dritten Behandlung nicht mehr mit mir sprach, stattdessen nahm er zu unseren Verabredungen eine Anstandsdame mit und redete kaum ein Wort mit mir, schaute böse, ignorierte mich, sodass ich mich mit der Anstandsdame unterhalten musste. Jedenfalls lehnte er das Rauchen nicht nur gesundheitlich ab, sondern auch persönlich.

Ich kaufte mir also Nikotinpflaster, versuchte mein Glück, tatsächlich spürte ich kaum einen körperlichen Entzug, was diese unangenehme Sache enorm erleichterte. Egal, was ich tat, bewegten sich jedoch meine Hände stets in Richtung imaginärer Tabakbeutel, ob ich nun eine Tätigkeit begann,  einen erhellenden Gedanken suchte, an der Bushaltestelle wartete oder Kaffee trank. Jedes Mal erkundeten meine Finger die Umgebung nach Tabak. Immerhin gelang es mir in dieser Zeit wenig zu rauchen, ein paar Tage lebte ich sogar abstinent.

Doch die zurückeroberte Welt der Gerüche und des Geschmacks übertraf alles an Abscheulichkeiten, die ich mir hätte vorstellen können. Vor der Haustüre der Gestank der Abgase, im Bus fahle, abgestandene Luft vermischt mit beißendem Schweiß und Alkohol, ebenso in den Lokalen, in denen sich noch Küchengeruch hinzugesellte, eine Straße weiter stank es nach altem rohen Fleisch, kurz darauf nach altem frittierten Öl, jetzt nach Hundedreck, aus den Restaurants nach Küche, gebratenem Fisch, Fleisch, Lamm und Fett. Mit dem Geschmack verhielt es sich ähnlich, jede Süßigkeit war scheußlich zuckerig, sämtliche Gerichte verwürzt, versalzen, von Genuss konnte in dieser Zeit nicht die Rede sein, selbst mein Lieblingscocktail, der Swimmingpool, war ungenießbar süß.

Ich fragte mich ernsthaft wie Nichtraucher das ertrugen, selbst meine Wohnung stank, war sie doch zuvor immer mit neuem Qualm parfumiert worden, konnte ich den kalten, in die Teppiche und Möbel gezogenen, kaum aushalten.

Und das Ende der Geschicht: Ich ertrage das Nichtrauchen nicht. :-)

AnjaWurm

2 Kommentare:

  1. Die größte Macht, die ich jemals für mich erlebte, war der Kampf gegen meine Nikotionsucht. Ich habe aus dem freien Willen mit dem Rauchen angefangen und wollte dem Ganzen auch definitiv auf gleiche Art und Weise das Zeitliche segnen.

    Ich, der Kettenraucher vor dem Herrn, der sobald er Schmacht verspürte, an keiner noch so fremden Zigarettenschachtel vorbei griff. Dem die Asche immer in die PC-Tastatur fiel und dem das echt scheissegal war. Der beim Autofahren, von Kunde A nach Kunde B, gerne aus Sicherheit immer eine volle Packung im Handschuhfach liegen haben musste. Bis zu dem Zeitpunkt, wo meinem Vater ein Karzinom auf der Lunge diagnostiziert wurde. Das er vorher schon mit Astronautenkost noch 20 Jahre nach seinem Leberschaden gelebt hat, war für mich schon ein Wunder. Das verdankte der Gutste seiner privaten KV. Aber das ist ein anderes Thema. Trotzdem hat er gequarzt wie ein Akkordmalocher.Höchstwarscheinlich war sein Leben ohne Arbeit für ihn nicht anders zu ertragen. Ich komme zum Fazit.Als ich mich dann des Nachts im KH bei ihm verabschiedete, fiels mir wie Schuppen von den Augen. Rauchen war bei ihm so etwas wie eine Ersatzhandlung, eine Erinnerungan an die guten Zeiten, als er noch wohlhabender und erfolgreicher Geschäftsmann war. Er konnte garnicht anders. Umso mehr ich dann in dieser Nacht über sein Leben und seiner Umstände nachdachte, umso mehr wurde mir bewusst, dass ich schon als Kind, den bitteren "Gute Nacht Kuss" meines Vaters als unangenehm ekelig empfand.

    Und an diese Eigenkonditionierung, Kinder mögen per se keinen bitteren Geschmack,erinnerte ich mich wieder. Ich wollte mich nicht mehr fremd-bestimmen lassen. Ich ertappte mich immer und immer wieder dabei, wie sehr ich im System drin war. Suchte mir Belobigungswege aus dem System und fand sie auch. Für jede Stunde ohne Nikotion, gönnte ich mir einen Apfel.So kam ich im 1. Monat auf 94 Äpfel.(Ich führe gerne Statistiken just for fun.)In den Folgemonaten wurde es immer weniger.Und es verging gut ein Jahr bis ich an jeder Tanke vorbeifahren konnte und nicht mehr an Nikotin denken musste. Dafür aß ich bewusster. Mein Gewicht, bei 1.80 von 68 kg, konnte ich nicht halten. Heute 17 Jahre später hat sich mein Gewicht bei 84 kg eingependelt.Ganz,ganz selten träume ich mal, dass ich wieder mit dem Rauchen angefangen habe, aber dann auch nicht aufhören kann. Dann wird also was dran sein, sagt mein Unterbewusstsein.
    So siehts aus...

    PS: Ich hab´ mich gerne bei dir verlesen, bin trozdem garnicht hier gewesen.

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  2. Vielen Dank für diese interessante Raucherentwöhnungsgeschichte und Gratulation, dass du es geschafft hast!

    Es freut mich zu hören, dass dich mein Blog zum Schmökern eingeladen hat. :-)

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