Sonntag, 12. April 2020

Homo sacer und die zwei Körper des Königs.

Die aktuelle Situation scheint doch einige Parallelen zu dem Bild des Königs mit den zwei Körpern und der Vermischung dieses Königs mit homo sacer und dem nackten Leben nach Giorgio Agamben aufzuweisen. Nicht ohne Grund übernimmt sicher die Partei mit dem C im Namen derzeit die  Federführung und hat bereits einen König ausgewählt.

aus Homo sacer, Die souveräne Macht und das nackte Leben, 5. Souveräner und heiliger Körper

5.1. Als Ernst Kantorowitz Ende der fünfziger Jahre in den Vereinigten Staaten "Die zwei Körper des Königs. Eine Studie zur politischen Theologie des Mittelalters" veröffentlichte, wurde das Buch nicht nur von Mediävisten, sondern auch und vor allem von Historikern der Neuzeit sowie Politikwissenschaftlern und Staatstheoretikern vorbehaltlos begrüßt. Es war in seiner Gattung zweifellos ein Meisterwerk, und die Vorstellung eines "mystischen Körpers" und "eines politischen Körpers des König", die es ans Licht brachte, bildete gewiß ( ... ) eine "wichtige Etappe in der Entwicklungsgeschichte des modernen Staates" (Giesey 1, S.9); doch solch eine ungeteilte Gunst auf einem so heiklen Gebiet verdient einige Überlegungen. 
Kantorowitz weist im Vorwort selbst darauf hin, daß das Buch, das aus einer Studie über mittelalterliche Vorläufer des Rechtssatzes von den zwei Körpern des Königs hervorgegangen war, weit über die ursprüngliche Praxis hinausging. ... Das Vorwort mache darauf aufmerksam und bestreitet zugleich vielsagend, daß es zu weit (ginge), wollte man annehmen, der Verfasser habe sich der Erforschung der Ursprünge einiger Idole moderner politischer Religionen nur aufgrund der furchtbaren Erlebnisse unserer Zeit zugewandt, in der ganze Völker, die größten wie die kleinsten, den unsinnigsten Dogmen zum Opfer fielen und politische Theologismen zu regelrechten Besessenheiten" wurden. Und mir derselben beredten Bescheidenheit weist der Verfasser den Anspruch zurück, "das Problem des sogenannten "Mythos des Staates" (Cassirer) vollständig erfasst zu haben.

5.2. Mit der Entschiedenheit dieser Schlussthese (eingf.: Und in diesem Sinne kann man sagen, daß "ungeachtet einiger Ähnlichkeit mit zusammenhanglosen heidnischen Begriffen (...) "die zwei Körper des Königs" ein Produkt christlichen theologischen Denkens (sind) und (...) folglich einen Markstein christlicher politischer Theologie (bilden)", ebd. S.496).) hebt Kantorowitz das Element hervor (um es gleich wieder beiseite zu schieben), das die Genealogie der Lehre von den zwei Körpern in eine weniger beunruhigende Richtung gelenkt hätte, wenn er es nämlich mit dem zweiten und obskureren Arkanum der souveränen Macht in Verbindung gebracht hätte: la puiisance absolue (die Macht ist absolut, der König stirbt nie) ... Als möglichen Ursprung (eig. Anm: der eigentümlichen Bestattungszeremonien französischer Könige) nennt Kantorwitz die römische Kaiserapotheose, auch hier wurde, nachdem der Souverän gestorben war, seine "imago" aus Wachs "wie ein kranker Mensch behandelt und lag auf einem Bett, Senatoren und Krankenpflegerinnen standen zu beiden Seiten, Ärzte markierten Pulsfühlen und mediznische Behandlung, bis nach sieben Tagen die Figur "starb" ... der makabre und groteske Ritus, bei dem ein Abbild zuerst wie eine lebende Person behandelt, und danach feierlich verbrannt wurde, weist in eine dunkle ungewissere Zone, die wir nun zu erkunden versuchen. Dort nämlich schien der politische Körper des Königs sich dem tötbaren und nicht opferbaren Körper des "homo sacer" anzunähern, um beinahe mit ihm zu zerschmelzen. 

Ähnlich Groteskes sehen wir heute, das Verschmelzen des nackten Lebens zum unsterblichen König mit zwei Körpern, um gleich nach der mystischen Aufwertung durch den "Schutz im Porzellanschrank", den  Umgang mit demselben  Körper, "der in  Massengräbern verscharrt und in  LKW-Fuhren abgefahren wird" die Verschmelzung des nackten Lebens mit dem König zu zeigen. An den Beisetzungen und Transpormitteln wird der Umgang mit dem nackten Leben wieder offenbar.

Heute haben wir es mit einer Verdoppelung des Bizarren zu tun, der Groteske mit den zwei Körpern des homo sacer und des nackten Lebens in den Medien und der Ernennung eines "echten" Königs mit zwei Körpern in den Ländern, dem durch das Spiel mit Unsicherheit und Unwissen uneingeschränkte ewige Macht zugesprochen wird.








 











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